Messung und biologische Bewertung elektrischer/elektromagnetischer Felder/Wellen

    Bekanntes Wissen sei vorangestellt – ohne Vollständigkeit der folgenden Beispiele:

    • Mit der Kraft magnetischer Felder wird bereits im Kindesalter Bekanntschaft gemacht:
      Permanentmagneten ziehen Körper aus Eisen an, mit Eisenspänen lassen sich interessante Bilder herstellen.
    • Der Magnetkompaß findet weltweit Anwendung.
    • Zum allgemeinen Erfahrungsschatz gehört auch, dass sich bei Gewitterfronten durch atmosphärische Elektrizität – in Museen mediengewandt mittels „Elektrisiergeneratoren“ – Haare aufstellen.
    • Schmerz- und damit Schreckreaktionen können ebenfalls durch elektrostatische Aufladungen ausgelöst werden, wenn isolierende Oberflächen (z. B. Fußbodenbelag oder Autositz) verlassen werden.
    • Schließlich: Mit unsichtbaren elektromagnetischen Feldern werden Nachrichten und Bilder mit dem Handy und via Internet/WLAN übertragen – im Aufwind der Digitalisierung ist dies unverzichtbar geworden.

    Spätestens seit Beginn des mit technischem Fortschritt verbundenen Einsatzes von erzeugten Feldern und Wellen lag es im gesellschaftlichen, aber auch gesundheitlichen Interesse, deren Wirkung auf Tier und Mensch zu prüfen und ggf. durch Maximalwertvorgaben zu begrenzen.
    Vier Projekte, an deren Bearbeitung der Autor beteiligt war, seien genannt.

    Messung und Bewertung von Expositionen im gesamten Frequenz-spektrum, bis hin zur Laserstrahlung

    Für die Frequenzbereiche 60 kHz bis 30 MHz und 10 MHz bis 300 MHz sowie für 50-Hz-Felder wurden im damaligen Zentralinstitut für Arbeitsmedizin Berlin (ZAM, AG Elektromagnetische Felder) Feldstärkemeßgeräte entwickelt. Die Entwicklungen fanden im In- und im Ausland Interesse (u. a. auf Kongressen in Polen, der damaligen UdSSR und den USA).

    Nahfeldstärkemessgerät NFM 1
    (1976, S. EGGERT u. S. GOLTZ).
    Einsatzgebiet waren Hochfrequenzarbeitsplätze.

    Bei der Abnahme neuer Schiffe wurden gemeinsam Messungen (Mess-bereich von 2 V/m bis 2.500 V/m) durchgeführt, um grenzwertüberschrei-tende Feldstärken auszuschließen.

    Arbeiten an Hochspannungsanlagen nach der Bloße-Hand-Methode (siehe auch Projekt: 4. Arbeiten unter Spannung).

    Monteure, die bei der Arbeit unmittelbar den 50-Hz-Feldern (elektrisches und magnetisches) ausgesetzt waren, galt es, über mehrere Jahre in einem arbeitsmedizinischen Dispensaire zu untersuchen und zu betreuen. Ergebnis: Alle Untersuchungsergebnisse blieben in dem ca. 15jährigen Überwachungs-zeitraum im Normbereich. Ein weiterer Aspekt war interessant: Im Unter-schied zu bisherigen Wartungsarbeiten (abgeschalteter Arbeitsbereich) ereignete sich über den Anwendungszeitraum des Arbeitens unter Spannung (AuS, ca. 15 Jahre) nicht ein schwerer oder gar tödlicher Unfall! Das geschulte Personal war sich einer scheinbar risikoreicheren Tätigkeit bewusst. Trainierte Arbeitsabläufe und der von einem „Bodenmonteur“ ständig überwachte Montageablauf ergänzten sich wirkungsvoll. Die Monteure bevorzugten nach ca.15jährigem Arbeiten unter Spannung die neue Technologie. Diese wurde jedoch mit dem Einigungsprozess nicht übernommen.

    Elektrisches und magnetisches Feld der Industriefrequenz 50/60 Hz.

    Mensch und Tier haben sich an den Anblick von Hochspannungsleitungen und Umspannwerken – in unmittelbarer Nähe der Transformatoren an deren „Brummen“ (magnetische Feldstärke; Schallfrequenz 50 Hz) – gewöhnt. Zwei Beobachtungen an Freileitungen >= 100 kV machen die Existenz hoher elektrischer Feldstärken deutlich:

    • Vögel setzen sich nur auf abgeschaltete Leiterseile oder auf das Erdpotential tragende, oberste Seil, welches die Trassen begleitet.

    Der Potentialausgleich zwischen dem hochspannungführenden Leiterseil und heranfliegenden Vögeln (Erd- oder anderes Potential tragend) würde zu deutlich merkbaren Körperströmen führen. Diese elektrische Reizwirkung schmerzt und wird deshalb vermieden.

    • Bei hoher Luftfeuchtigkeit/Nebel tritt in der Nähe von Freileitungen/Umspannwerken bei Spannung > 110 kV akustisch ein Zischeln auf. Bei Dunkelheit sind darüber hinaus Leuchterscheinungen wahrzunehmen.

    Besonders hohe Feldstärken in unmittelbarer Nähe der hochspannungsführenden Leiterseile und der damit verbundenen erdfreien Armaturen führen bei hoher Luftfeuchtigkeit zu kapazitiven Ableitströmen, z. B. gegen Erdpotential. Das bewirkt eine erhöhte Luftionisation, damit verbunden können Lichterscheinungen und Geräusche auftreten.

    Herausgabe von WHO-Kriteriendokumenten

    Es gehört zu den wohl wichtigsten Aufgaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO), krankheitsfördernde Einflüsse aufzuspüren, zu deklarieren und, wenn möglich, zugehörige Nachweis- und Bewertungsverfahren, in verschiedenen Sprachen weltweit einsehbar, zu veröffentlichen. Dazu gehörten auch Expositionen aus dem gesamten Frequenzspektrum von magnetischen, elektrischen/elektromagnetischen Feldern/Wellen, bis hin zur Laserstrahlung. Vom Regionalbüro Europa, Kopenhagen, wurden weltweit sich mit der Thematik beschäftigende Experten eingeladen. Sie trugen über einen längeren Zeitraum themenorientiert in verschiedenen Arbeitsgruppen (Leitung Prof. M. SUESS) bestehendes Wissen zusammen. Bei diesen Herausgaben handelte es sich um Empfehlungen. Definition und Anwendung, prinzipielle Anforderungen an Nachweisverfahren, begründete Gefährdungsabschätzung mit frequenzabhängigen Grenzwerten sind unter anderem wesentliche Bestandteile der Dokumente.

    Dazu zwei passende Beispiele:

    WHO-Kriteriendokument:
    Environmental Health Criteria 16 –
    Funk- und Mikrowellenfrequenzen

    Die „Task Group on Extemely Low Frequenzy (ELF) Fields“ der WHO/IRPA trug 1984 mit 13 Mitgliedern weltweit erbrachte Ergebnisse zusammen, diskutierte praktische Konsequenzen und empfahl frequenzabhängige Grenzwerte und zugehörige Meßverfahren.

    WHO Kriteriendokument mit Wiedergabe von international bereitgestellten Meß- und Berechnungsergebnisssen
    (Körperströme bei Mensch, Schwein und Ratte, ausgesetzt einer elektrischen Feldstärke von 180 kV/m)